Freitag, 6. Juni 2014

Mein erster Shitstorm

Ab sofort im Buchhandel: Die zweite Auflage
Was war ich vor einigen Monaten euphorisiert! Mein erstes Buch war nach Jahren der Arbeit fertig. Ich dachte, die unendliche Freiheit des Internets steht mir offen, weil ich die Schwarmintelligenz des Netzes genutzt hatte und das Korrekturlesen auf viele Köpfe verteilt hatte. Bald flippte ich völlig aus, als ich herausfand, dass mich der Eigendruck des Buches nicht, wie noch vor Jahren, Tausende von Euro kostet, sondern: Nüschd. Dank Book on Demand.
Jubelnd und Tanzend veröffentlichte ich die Kleinstadtrebellen erst als Ebook, dann als Buch. Ich hatte Tränen in den Augen und auch ein paar Dollarzeichen, als ich meinen Roman ein erstes Mal als richtiges Buch in den Händen hielt.
Der neue Shootingstar auf dem deutschen Buchmarkt, so viel war sicher, würde jetzt kometenhaft aufsteigen. Jetzt musste mein Buch nur noch bekannt gemacht werden.
Wieder brachten mich kluge Köpfe auf eine geniale Idee: Im Internet gibt es Leseplattformen wie Lovelybooks.de. Auf denen kann man sein Buch an Rezensenten verschenken und Leserunden veranstalten.
Gesagt, getan. Ich meldete mich an, verschenkte an alle Teilnehmer ein Ebook. Als die ersten Interessenten moserten, dass sie mit Ebooks nichts anfangen könnten, weil sie Bücher riechen wollten, verloste ich noch einige Buchexemplare, die allesamt sehr gut rochen. Ich verschickte die Bücher quer durch Deutschland und war aufgeregt wie ein kleines Kind: Bald würde mein erstes eigenes Buch auch von Leuten gelesen, die mich nicht kannten!
Die Leserunde im Internet nahm ihre Sache sehr, sehr ernst. Waren die ersten Kommentare und Bewertungen noch freundlich gestimmt, brachen nach einer ersten negativen Bewertung auf einmal sämtliche Dämme. Es hagelte Kritik auf Kritik. Einige der konstruktiven Kritiken zeigten mir, dass meine Erstlingsausgabe noch unausgereift war: Die Rechtschreibfehler lagen mir selbst schwer im Magen, die Layoutfehler waren mir gar nicht bewusst gewesen und mache Hinweise setzte ich sofort korrigierend um. Als aber die ersten Beschwerden kamen, dass es im Buch nur um Trinken, Mädchen und Fortgehn geht, dass Peter gar kein Kleinstadtrebell ist und es einen Aufschrei gab, dass Elfriede das Huhn im ersten Kapitel tatsächlich im Backofen landet, ahnte ich, dass sich da ein gewaltiges Missverständnis anbahnte.
Andere monierten, dass sie sich als Leser nicht abgeholt fühlten, dass die Kapitel zu lang sind. Immerhin, das Happy End wurde gelobt. Mir schwante langsam, dass durch das fröhliche Cover und den peppigen Titel Erwartungen geschürt wurden, dass das Buch ein seichter Unterhaltungsroman für den Strand ist. 
Tag für Tag hagelte neue Kritik auf das Buch, auf den Autor. Und nach einer Woche im Shitstorm frage ich mich, ob das jemals wieder aufhört. Eine Weile überlegte ich, das Buch komplett vom Markt zu nehmen, weil ich mich schämte, so einen Müll veröffentlicht zu haben.
Schließlich bekam ich aber Rückmeldungen von belesenen Kennern höherer Literatur, dass sie sich mit dem Buch durchaus anfreunden konnten. Also doch nicht alles Dilettantenstadel?
Irgendwann ging auch der Lovelybooksrunde das Kanonenfutter aus. Sie tobte sich mit ihren Rezensionen noch auf Amazon mit zahlreichen schlechten Bewertungen aus, dann wurde es ruhig und die Kleinstadtrebellen sollten auf dem Friedhof der vergessenen Bücher landen.
Ganz so leicht wollte ich aber nicht aufgeben. Inzwischen wurden die meisten Kinderkrankheiten wie Layout und Rechtschreibung korrigiert, einige Schlüsselpassagen nochmal flotter geschrieben, ein glossy statt ein mattes Cover erstellt.
Ich bin gespannt, ob die Kleinstadtrebellen 2.0 noch einmal durchstarten können. Auf den letzten Lesungen war das Interesse riesig.

Mehr über die Kleinstadtrebellen gibt es auf bernhardstrasser.de